Worauf sollte man achten, wenn man die Telefonakquise an einen Dienstleister vergibt

Worauf sollte man achten, wenn man die Telefonakquise an einen Dienstleister vergibt

Telefonakquise ist nicht jedermanns Sache, daher kommt man oft an den Punkt, wo man sich fragt: „Kann das nicht ein anderer für mich übernehmen?“ Und ja, gerade die Phase des Verkaufsprozesses, wo es um Beziehungsaufbau geht bis hin zum Wecken von echtem Interesse kann man in den meisten Fällen sehr gut an einen Externen vergeben. Es macht aber einen Unterschied, ob Sie die Terminierung outsourcen oder die Buchhaltung. Gehen Sie daher mit der nötigen Vorbereitung und wenn möglich auch einem guten Vorlauf an Zeit an die Sache heran.

Callcenter haben bei vielen einen schlechten Ruf, was nicht bedeutet, dass es keine weißen Schafe gibt. Daneben gibt es aber auch kleinere Telefonagenturen und Einzelunternehmer, die Telefonakquiseprojekte übernehmen. Auf dem Markt findet sich vieles. Dabei variieren Know How und Preise sehr, sodass schon die Erstauswahl schwierig werden könnte.

Ich empfehle Ihnen daher, sich folgende Fragen zu stellen und diese auch in der Angebotsphase mit einem Dienstleister einzubeziehen, quasi als eine Art Checkliste:

Checkliste für die Beauftragung eines Dienstleisters

  • Wie viele Firmen sollen angerufen werden und in welchem Zeitraum?
    Ein Einzelunternehmer hat wesentlich geringere Kapazitäten als ein großes Callcenter. Um größere Adressmengen standardisiert „abzutelefonieren“ ist meist ein größeres Unternehmen auch kostengünstiger. Ein weiterer Vorteil ist, dass es kaum Probleme bei einem Krankheitsausfall gibt. Bei flexiblen Projekten mit kleinen und variierenden Adresszahlen hingegen ist Größe nicht unbedingt das beste Kriterium.
  • Worum geht es – Produkt, Investitionsgüter oder Dienstleistung? Terminierung oder Direktverkauf?
    Verschiedene Themen brauchen verschiedene Vorgehensweisen, meist sind die Anbieter auf einen dieser Bereiche spezialisiert, was die Auswahl erleichtert. Sollten Sie auf einen kleineren Anbieter treffen, der alles abzudecken scheint, fragen Sie genau nach, ob Sie die Expertise bekommen, die Sie für Ihr Angebot benötigen. Beim Direktverkauf am Telefon ist es zudem wichtig, dass Sie die Rechtslage unbedingt beachten, die nach UWG § 9 eine sehr strenge Auslegung hat.
  • Wie sieht die persönliche Projektbetreuung aus?
    In einem Callcenter kann es passieren, dass die Personen, die für Sie telefonieren, ständig wechseln, möchten Sie das?
  • Wie sieht das Briefing aus?
    Gibt es eine fundierte Projektvorbereitung oder wird ein Standardvorgehen vorgeschlagen? Werden Sie unterstützt in der Vorbereitung und Optimierung der Telefonaktion oder wird einfach nur „drauf los telefoniert, mit dem, was da ist?“ Fragen Sie sich selbst auch, welche Art von Unterstützung Sie brauchen. Bedenken Sie, dass gerade bei der Kaltakquise eine gute Vorbereitung den Erfolg maßgeblich beeinflussen kann.
  • Was verspricht der Anbieter hinsichtlich Terminquote?
    Fragen Sie nach, ob es sich um Kennenlern-Termine oder echte Verkaufsgespräche handelt. Vorsicht bei hohen Prozentangaben, hier wird gern geschönt. Erwarten Sie jedoch nicht zu viel, auch Profis können nicht zaubern J
  • Wie sieht die Dokumentation aus?
    Sie sollten jederzeit alle Kontakte übernehmen können ohne rückfragen zu müssen. Das ist auch wichtig, wenn Sie den Anbieter wechseln wollen. Falls die Dokumen­tation mangelhaft ist, ist eine Weiterverfolgung potenzieller Kontakte kaum möglich. Fragen Sie daher genau nach, wie ausführlich die Notizen sind und in welcher Form sie Ihnen zur Verfügung gestellt werden. Eine Dokumentation, die nur aus Infos wie: kI (kein Interesse), Infos schicken, später anrufen…. besteht, ist wertlos.
  • Wie steht es um die fachliche Kompetenz des Anbieters und der Personen, die für Ihr Projekt eingesetzt werden?
    Bedenken Sie zunächst, dass es grundsätzlich keine Branchenkenntnisse braucht, da der Akqusiteur vor allem für den Beziehungsaufbau zuständig ist. Dennoch sollte Ihr Dienstleister schnell erfassen, was Ihr Angebot ausmacht und idealerweise eine Affinität zum Thema haben. Handelt es sich um technische oder IT-relevante Themen ist es zudem wichtig, dass der Akquisiteur mehr als das Grund-Wording beherrscht und die Zusammenhänge versteht, vor allem wenn er die Fachabteilungen anrufen soll.
  • Wie steht es um die Gesprächskompetenz?
    Gibt es einen starren Leitfaden oder werden die Gespräche individuell geführt. Wenn Sie ein hochwertiges Angebot haben, und Ihre Zielgruppe hört nur Standardsätze und Phrasen, die auf Ablesen eines Textes hinweisen, dann entsteht schon gleich zu Beginn eine große Diskrepanz, die für Ihre Zielpersonen wenig einladend sein wird. Geht es um einfache, leicht zu standardisierende Inhalte, kann ein starrer Leitfaden eine gute Richtschnur sein. Grundsätzlich gilt jedoch: Gesprochenes Wort ist besser als gelesenes.
  • Welchen Verkaufsansatz verfolgt der Anbieter?
    Es ist ein Unterschied, ob ein Dienstleister nur die schnellen Termine und Quoten im Auge hat, oder ob er sich für jeden Anruf die nötige Zeit nimmt, für Qualifizierung, Filtern des Interessegrads oder auch Nachfragen bei einer ablehnenden Haltung. Dabei entscheiden Sie, was Ihnen wichtig ist.
  • Wie wird die Qualität sichergestellt?
    Fragen Sie ruhig nach Ausbildung und Erfahrung und auch danach, ob in Weiterbildung hinsichtlich der Entwicklung von Gesprächskompetenz investiert wird. Branchenkenntnisse sind von geringerer Relevanz und kein Qualitätsmerkmal für den Beziehungsaufbau. Achten Sie daher lieber auf Gesprächskompetenz und Dialogfähigkeit.
  • Wie ist es um die gegenseitige Sympathie bestellt?
    Fühlen Sie sich wohl bei und mit den Personen, die Sie nach außen vertreten sollen? Vertrauen Sie ruhig Ihrem Gefühl. Seien Sie hier ruhig anspruchsvoll und geben sich nur mit dem zufrieden, was auch zu Ihnen passt, vor allem, wenn es um eine längerfristige Zusammenarbeit geht.
  • In welchem Rahmen finden die Gespräche statt?
    Fragen Sie nach, in welchen Settings die Mitarbeiter telefonieren und welchen Hintergrundlärm es gibt. Wenn man eine Hotline anruft, stören normalerweise Hintergrundgespräche nicht. Bei der Kaltakquise hingegen ist es besser, wenn es ruhig ist und nicht noch 10 weitere Stimmen zu hören sind.
  • Wie ist das Bezahlmodell?
    Billig muss nicht unbedingt schlecht sein, aber vergleichen Sie ruhig und achten Sie auf zusätzliche Kosten wie z.B. für Projekteinrichtung und auch darauf, dass die Abrechnung transparent ist. Dieser Punkt ist sehr wichtig, deswegen finden Sie hierzu unten noch ausführlichere Informationen.
  • Wie viele Stunden pro Tag telefonieren die Personen für Sie?
    Selbst der beste Akquisiteur hört sich an wie ein Papagei, wenn er viele Stunden hintereinander das Gleiche sagen soll. Achten Sie auf diesen Punkt, wenn Ihnen die Qualität der Ansprache wichtig ist.
  • Wie sieht es aus mit Korrekturmöglichkeiten?
    Es kann vorkommen, dass ein Projekt nicht so läuft, wie geplant. Klären Sie bereits zu Beginn, ob und wie Testphasen eingeplant werden können und wie eine Korrektur in der Ansprache vorgenommen wird. Es macht wenig Sinn hunderte von Firmen anzurufen, wenn man schon nach den ersten 30 – 40 Telefonaten weiß, dass man nachbessern sollte.
  • Wie sieht es mit den Vertragslaufzeiten aus?
    Gibt es eine Mindestlaufzeit bzw. eine Kündigungsfrist? Behagt Ihnen der Zeitraum, der im Vertrag festgelegt wird?
  • Wie wird der Erfolg gemessen? Überlegen Sie am besten gemeinsam, was Sie erreichen möchten und was realistisch ist. Erfahrene Akquisiteure haben ein gutes Gefühl für den Markt und wissen, welche Termin- bzw. Abschlußquoten machbar sind. Bedenken Sie aber auch, dass der Erfolg von einigen Kriterien abhängt, die mit Gesprächskompetenz nicht beeinflussbar sind und gehen Sie realistisch in das Projekt. Glauben Sie nicht alles, was hierzu in Verkaufsbüchern stehen. Vielen Autoren fehlt der aktuelle Bezug zur Praxis und genannte Quoten sind meist sehr allgemein und gelten nicht unbedingt automatisch für Ihr Angebot.


Abrechnungsmodelle

  • Bezahlung auf Provision:
    Es wird ein Erfolgskriterium festgelegt, meist entweder ein erfolgter Verkaufs­abschluß oder ein vereinbarter Termin, für das ein bestimmter Betrag oder ein Prozentsatz vom Umsatz vereinbart wird. Die Varianten reichen von einem Festbetrag pro Termin bis hin zu einer fortlaufenden Umsatzbeteiligung über einen bestimmten Zeitraum zum Beispiel bei Abogeschäften. Die Vergütung ist rein erfolgsbasiert.
  • Bezahlung nach Stunden:
    bei dieser Variante berechnet der Akquisiteur die Zeit, die er für die Telefonate, Recherchen und alle weiteren Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit der Akquise stehen. Die Vergütung ist nicht vom Erfolg abhängig.
  • Bezahlung nach Nettokontakten:
    Hier wird nach erreichten Kontakten abgerechnet. Das Risiko der Erreichbarkeit bleibt beim Akquisiteur. Sobald er einen Entscheider gesprochen hat, wird der Kontakt berechnet, unabhängig vom Gesprächsergebnis. Diese Variante ist sehr gut anwendbar bei kleinen Projekten, wo nur wenige Stunden pro Monat telefoniert werden. Sie ist sehr transparent und leicht kalkulierbar. Recherchen, Infoversand und Besprechungen sind meist nicht im Nettokontaktpreis enthalten und werden separat berechnet.
  • Monatspauschale:
    Es wird eine gewisse Anzahl an Terminen vereinbart, für diese wird ein fester monatlicher Betrag vereinbart. Sobald die Terminquote erreicht wird, wird für den Rest des Monats nicht weiter telefoniert. Der Zeitaufwand für die Erreichung des Monatsziels kann sehr unterschiedlich ausfallen. Diese Variante gibt es nur dann, wenn der Akquisiteur bereits viel Erfahrung mit Ihrem Thema und Ihren Zielgruppen hat, denn nur dann kann er richtig kalkulieren, wie viel Zeit er ungefähr für einen Termin einrechnen muss.
  • Mischformen: es gibt noch verschiedene Varianten, bei denen entweder ein Stundenfixum oder ein Grundbetrag für den Nettokontakt vereinbart wird und eine weitere Zahlung bei Erzielung bestimmter Ergebnisse. Auch Staffelungen sind möglich, z.B. Betrag x bei Interesse und Betrag xx bei Termin zusätzlich zum Fixum.

 

Provision ja oder nein?

In der Branche gibt es keine einheitlichen Standards hinsichtlich Abrechnung. Da es in vielen Firmen üblich ist, erst bei Erfolg zu bezahlen (sprich bei erfolgtem Verkauf oder erzieltem Termin), glauben viele, dass die vorherrschende Abrechnungsmethode die Provisionierung ist. Das ist auf dem Markt nicht der Fall. Die meisten Akquisiteure haben andere Modelle. Und dies aus gutem Grund. Gerade der Beziehungsaufbau zu Beginn kann Monate dauern (je nach Komplexität des Angebots) und hängt auch von der aktuellen Marktsituation ab. Das ist ein Kriterium, das man als Akquisiteur nicht beeinflussen kann. Ist der Markt gerade nicht so kauffreudig, nutzt auch die beste Rhetorik und Eloquenz nichts um einen Bedarf zu erzeugen. Deswegen sind die meisten Akquisiteure nicht bereit, in Vorleistung zu gehen, da sie wissen, dass es einige Monate dauern kann, bis aus den angebahnten Kontakten gute Termine werden.

Provisionen auf die Termine zu zahlen klingt zwar erst einmal sinnvoll, ist aber bei näherer Betrachtung gar nicht so zielführend. Wer nach Terminen bezahlt wird, könnte stark dazu neigen, nur die sehr Interessierten in den Fokus zu nehmen und alle latent Interessierten weniger zu beachten, bzw. auch weniger nachzufassen. Für Sie als Kunde ist das eine schlechte Strategie, da sich bei guter Kontinuität gerade aus latent interessierten Kontakten stabile Kundenbeziehungen entwickeln können. Dies gilt umso mehr, je komplexer Ihr Angebot und für Dienstleistung eher als für den Produktverkauf.

Der zweite kritische Faktor, und der wiegt fasst noch schwerer, ist die Tendenz einen Termin zu forcieren, auch dann wenn der Ansprechpartner noch nicht so weit ist. Das führt dann dazu, dass es sich um Kennenlern-Termine handelt. Natürlich ist ein Kennenlernen keine schlechte Sache, aber ohne echtes Interesse kann es noch sehr lange dauern, bis Kaufbereitschaft entsteht und aufgrund des meist hohen (Reise)Aufwands sollten Sie gut abwägen, ob und welche Kennenlern-Termine Sie wahrnehmen wollen.

Besser sind echte Verkaufsgespräche, also Termine, bei denen Sie vor Ort nicht nur präsentieren können, sondern wo bereits durch den Akquisiteur vorher sowohl das ernsthafte Interesse am Angebot ermittelt wurde als auch die Entscheidungskompetenz derer, mit denen der Termin vereinbart worden ist.

Eine Bezahlung auf Provision bringt eine Schieflage ins Projekt, die Ihnen kein Akquisiteur benennen würde, aber es ist ein rational gut nachvollziehbares Verhalten, dass er das, was er nicht bezahlt bekommt, auch nicht ordentlich erarbeitet. Auch wenn Sie als Kunde gern das Risiko abgeben möchten, das so ein Projekt beinhaltet, achten Sie besser darauf, die obigen Kriterien anzusetzen um einen kompetenten Dienst­leister zu finden und machen Sie sich klar, dass Qualität auch in diesem Bereich ihren Preis hat.

Es sollte auch in Ihrem Interesse sein, dass der Akquisiteur die Motivation für Ihr Projekt nicht verliert. Es hält sich immer noch stark der Glaube, dass die Motivation über eine Provisionszahlung am besten zu erzielen ist. Die meisten Menschen sind aber besser motiviert, wenn sie fair behandelt und auch fair bezahlt werden. Gute Akquise lebt von Fleiß, Kontinuität und einem guten Wiedervorlagenmanagement – nicht vom schnellen Abgrasen der Kontakte, die scheinbar das größte Potenzial haben. Wer die heutigen Märkte kennt, weiß, dass die Termine nicht so leicht zu bekommen sind, wie noch vor 2-3 Jahren. Das liegt nicht am mangelnden Können derer, die die Termine vereinbaren, sondern an anderen Dingen, unter anderem an der ständig steigenden Überlastung der Entscheider und einer immer größeren Abschottung vieler Unternehmen. Das ist Ihr Projektrisiko. Wenn Sie es auf den Akquisiteur abwälzen wollen, dann müssen die Provisionszahlungen entsprechend hoch ausfallen.

Es gibt Anbieter, die auf Provision arbeiten, und es gibt natürlich auch Bereiche, in denen die Modelle funktionieren. Auch wenn Ihr Ziel vielleicht ist, möglichst wenig Geld auszugeben. Die Provision sollte so berechnet sein, dass Ihr Dienstleister einen normalen Freelancer-Stundensatz erhält. Natürlich liegt es auch am Anbieter selbst, wie hoch er diese ansetzt. Wenn aber jemand beispielsweise 40,– Euro für einen guten Termin auf Geschäftsführer­Ebene verlangen sollte, zeigt das vor allem eines: dass er nicht rechnen kann und zweitens, seinen eigenen Wert nicht gut vertreten kann. Ich persönlich würde mir gut überlegen, ob ich einen so schlechten Verkäufer mit der qualifizierten Terminierung meiner Zielgruppen beauftragen würde. J

 

Resümee

Sie merken schon, es gibt einiges zu beachten, bei der Auswahl für einen Dienstleister. Und damit ist das Projekt noch nicht einmal begonnen. Auch hier gelten die Grundsätze des Delegierens, je gründlicher man das Ganze vorbereitet und sich Zeit nimmt herauszufinden, was man möchte und welche Ergebnisse erzielt werden sollen, umso einfacher ist dann der Projektablauf.

Und ein wichtiger Punkt noch zum Schluß: haben Sie Geduld. Gute Akquise lebt von Langfristigkeit und Kontinuität. Wenn Sie ein begrenztes Budget haben, verteilen Sie es lieber über einen längeren Zeitraum, als in kurzer Zeit ganz viele Adressen abzutelefonieren. Termine gibt es meist beim 3., 4. Oder 5. Telefonat und wenn Sie das jetzt nicht glauben, fragen Sie sich selbst, wie schnell Sie beim ersten Anruf von jemandem bereit sind, einen Termin auszumachen. Gleiches gilt auch für Ihr Projekt, und es wäre schade, wenn Sie die Geduld dafür nicht aufbringen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Erfolg bei der Akquise – egal ob mit oder ohne Dienstleister.

geschrieben 2015 für die BusinessBooster Aktion von Annja Weinberger, hier überarbeitet wiedergegeben

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